- Anna Elisabeth Franzisca Adolphina Wilhelmina Ludovica Freiin von Droste zu Hülshoff
- Geboren: 10. 1. 1797 auf Schloß Hülshoff bei Münster/Westfalen (nach anderen Quellen: 12.1.)
- gestorben am 24. 5. 1848 in Meersburg/Bodensee.
Annette von Droste-Hülshoff wurde am 10. Januar 1797 auf Schloss Hülshoff, einer alten Wasserburg, bei Münster als Tochter eines alten katholischen Adelsgeschlechtes geboren. Nachdem das Kirchenbuch korrigiert wurde, wird der 14. Januar als Geburtstag genannt, die Familie spricht vom 12. Januar.
Die Mutter, Therese Luise Droste-Hülshoff geb. von Haxthausen war eine strenge, energische Frau, der Vater, Clemens August Freiherr von Droste-Hülshoff, war der sanftere der beiden Elternteile.
In ihrer Kindheit erhielt Anette von Droste-Hülshoff Privatunterricht, in Fächern, die für Mädchen ihrer Zeit durchaus unüblich waren. Sie galt als musikalisch und sprachlich begabt. Mit 16 Jahren lernt sie bei einem Besuch bei Verwandten Wilhelm Grimm kennen.
Aufgrund einer langen Brieffreundschaft zu Anton Mathias Sprickmann ist viel von Droste-Hülshoffs Gefühlsleben bekannt. Sie schrieb ihm über ihre literarischen und Lebenspläne und ihren Gefühlen. Sie litt unter den Einschränkungen, die man ihr als Frau auferlegte und vermisste die Akzeptanz ihres eigenständigen Denkens. 1820 machte sie sich erste Notizen zur "Judenbuche".
Mit 23 Jahren verliebte sie sich in zwei miteinander befreundete Studenten, die sie im Haus ihrer Verwandtschaft kennen lernte. Es endete mit dem Bruch zu beiden Männern und mit dem Verlust der Zwanglosigkeit innerhalb der Familie. In dieser Zeit denkt sie sehr viel nach und entwickelt ein sozial-konservatives Bewusstsein, das sich später auch in ihren Werken äußert. In diesen Jahren schreibt sie den ersten Teil des Gedichtszyklus "Geistliches Jahr" und verarbeitet so ihre Lebens- und Glaubensprobleme. Als sie 1825 ihre Verwandten nach langer Zeit wieder besucht, lernt sie dort ihre wichtige und langjährige Freundin Sibylla Mertens-Schaafhausen kennen.
Nach dem Tod des Vaters 1826 zieht die Mutter gemeinsam mit ihren Töchtern nach Münster. Sie leben dort in relativer Zurückgezogenheit. In dieser Zeit entstehen viele ihrer Werke. Zu ihrem Gesamtwerk zählen erzählende Prosa, Dramenfragmente, Versepen sowie Romane. 1838 erschein ihr erster Gedichtband. In einem literarischen Kreis lernte sie ihren engen Freund Levin Schücking kennen. Schücking erkannte die Begabung von Anette von Droste-Hülshoff und unterstützte sie als Förderer. Auf sein Bestreben hin wurde ab 1842 die »Judenbuche« in Fortsetzungen in Cottas Morgenblatt veröffentlicht. 1844 erschien ihr zweiter Gedichtband. Vom Honorar erwarb sie ein Anwesen, ihr »Fürstenhäusle«, in der Nähe von Meersburg. Im September 1846 brach sie, körperlich schon sehr geschwächt, noch einmal von Rüschhaus nach Meersburg auf, wo sie bis zu ihrem Tod lebte.
Text leicht verändert aus: Balladen.de
Und hier eines meiner Lieblingsgedichte :
(Gemälde von Ivan Constantinovich Aivazovsky (1817 - 1900): Die Rettung)
Es lässt sich gut auf langweiligen Ruderwachen an Bord zitieren - natürlich nur bei gutem Wetter! Ich denke auch imer, man müsste es gut zu einem Film verarbeiten können...
Die Vergeltung
I.Der Kapitän steht an der Spiere,
Das Fernrohr in gebräunter Hand,
Dem schwarzgelockten Passagiere
Hat er den Rücken zugewandt.
Nach einem Wolkenstreif in Sinnen
Die beiden wie zwei Pfeiler sehn,
Der Fremde spricht: »Was braut da drinnen?«
»Der Teufel«, brummt der Kapitän.
Da hebt von morschen Balkens Trümmer
Ein Kranker seine feuchte Stirn,
Des Äthers Blau, der See Geflimmer,
Ach, alles quält sein fiebernd Hirn!
Er läßt die Blicke, schwer und düster,
Entlängs dem harten Pfühle gehn,
Die eingegrabnen Worte liest er:
»Batavia. Fünfhundertzehn.«
Die Wolke steigt, zur Mittagsstunde
Das Schiff ächzt auf der Wellen Höhn,
Gezisch, Geheul aus wüstem Grunde,
Die Bohlen weichen mit Gestöhn.
»Jesus, Marie! wir sind verloren!«
Vom Mast geschleudert der Matros',
Ein dumpfer Krach in aller Ohren,
Und langsam löst der Bau sich los.
Noch liegt der Kranke am Verdecke,
Um seinen Balken fest geklemmt,
Da kommt die Flut, und eine Strecke
Wird er ins wüste Meer geschwemmt.
Was nicht geläng' der Kräfte Sporne,
Das leistet ihm der starre Krampf,
Und wie ein Narwal mit dem Horne
Schießt fort er durch der Wellen Dampf
Wie lange so? er weiß es nimmer,
Dann trifft ein Strahl des Auges Ball,
Und langsam schwimmt er mit der Trümmer
Auf ödem glitzerndem Kristall.
Das Schiff! - die Mannschaft! - sie versanken.
Doch nein, dort auf der Wasserbahn,
Dort sieht den Passagier er schwanken
In einer Kiste morschem Kahn.
Armsel'ge Lade! sie wird sinken,
Er strengt die heisre Stimme an:
»Nur grade! Freund, du drückst zur Linken!«
Und immer näher schwankt's heran,
Und immer näher treibt die Trümmer,
Wie ein verwehtes Möwennest;
»Courage!« ruft der kranke Schwimmer,
»Mich dünkt ich sehe Land im West!«
Nun rühren sich der Fähren Ende,
Er sieht des fremden Auges Blitz,
Da plötzlich fühlt er starke Hände,
Fühlt wütend sich gezerrt vom Sitz.
»Barmherzigkeit! ich kann nicht kämpfen.«
Er klammert dort, er klemmt sich hier;
Ein heisrer Schrei, den Wellen dämpfen,
Am Balken schwimmt der Passagier.
Dann hat er kräftig sich geschwungen,
Und schaukelt durch das öde Blau,
Er sieht das Land wie Dämmerungen
Enttauchen und zergehn in Grau.
Noch lange ist er so geschwommen,
Umflattert von der Möve Schrei,
Dann hat ein Schiff ihn aufgenommen,
Viktoria! nun ist er frei!
II.
Drei kurze Monde sind verronnen,
Und die Fregatte liegt am Strand,
Wo mittags sich die Robben sonnen,
Und Bursche klettern übern Rand,
Den Mädchen ist's ein Abenteuer
Es zu erschaun vom fernen Riff,
Denn noch zerstört ist nicht geheuer
Das greuliche Korsarenschiff.
Und vor der Stadt da ist ein Waten,
Ein Wühlen durch das Kiesgeschrill,
Da die verrufenen Piraten
Ein jeder sterben sehen will.
Aus Strandgebälken, morsch, zertrümmert,
Hat man den Galgen, dicht am Meer,
In wüster Eile aufgezimmert.
Dort dräut er von der Düne her!
Welch ein Getümmel an den Schranken! -
»Da kommt der Frei - der Hessel jetzt -
Da bringen sie den schwarzen Franken,
Der hat geleugnet bis zuletzt.«
»Schiffbrüchig sei er hergeschwommen«,
Höhnt eine Alte: »ei, wie kühn!
Doch keiner sprach zu seinem Frommen,
Die ganze Bande gegen ihn.«
Der Passagier, am Galgen stehend,
Hohläugig, mit zerbrochnem Mut,
Zu jedem Räuber flüstert flehend:
»Was tat dir mein unschuldig Blut?
Barmherzigkeit! - so muß ich sterben
Durch des Gesindels Lügenwort,
O, mög' die Seele euch verderben!«
Da zieht ihn schon der Scherge fort.
Er sieht die Menge wogend spalten -
Er hört das Summen im Gewühl -
Nun weiß er, daß des Himmels Walten
Nur seiner Pfaffen Gaukelspiel!
Und als er in des Hohnes Stolze
Will starren nach den Ätherhöhn,
Da liest er an des Galgens Holze:
»Batavia. Fünfhundertzehn.«
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